Neujahr in Nara

mit weniger Feuerwerk und dreimal soviel Essen

Neues Jahr, neuer Vorsatz, neuer Blogeintrag!

 

Diesmal geht es um das neue Jahr hier in Japan, mal wieder inklusive verrücktem Essen und ganz, ganz anders als in Deutschland.

 

Angefangen hat der ganze Trubel um die Zeit um den zweiten Advent herum. Nur, dass das halt nichts mit Weihnachten zu tun hatte, sondern so langsam die ersten Vorbereitungen für das neue Jahr getroffen werden mussten.

 

Die Zeitspanne von November bis Silvester heißt auf Japanisch "年末" ("nenmatsu"), wortwörtlich "Jahresende". Diese Tage plus die ersten drei des neuen Jahres nennt man "年末年始" ("nenmatsu-nenshi"), "Jahresende-Jahresbeginn".

Die Zeitspanne wird dadurch eingeläutet, dass die sogenannten "年賀状" ("nen-gajou"), kleine Neujahrspostkarten, kreuz und quer zwischen Familien, Freunden, Lehrern und Schülern und Kollegen hin- und hergeschickt werden.

 

Auf dem Bild oben sieht man so eine Karte, die ich als Hausaufgabe designen musste. Der Text "明けましておめでとうございます" ("akemashite omedetou-gozaimasu" ) bedeutet soviel wie "frohes neues Jahr", links steht von oben nach unten "2020", und die zwei Ratten stehen für das diesjährige chinesische Tierkreiszeichen Ratte, welches das Wildschwein von letztem Jahr ablöst.

 

Solche Postkarten werden normalerweise entweder mit Fotos oder Zeichnungen verziert und dann überreicht; ein durchschnittlicher Japaner verschickt wohl um die 17 Karten, meint meine Gastmutter.

 

Meine Gastgroßeltern haben leider keinen Drucker, weswegen mein Gastvater ihnen jedes Jahr die Karten gestalten, ausdrucken und im Bund zuschicken muss.
Zehn Tage später kommt dann hier eine dieser Grußkarten an - er sagt, dass man sich für jede Karte bedanken muss, auch, wenn er sich diese ja quasi selbst zugeshickt hat ;D

Um das neue Jahr, "御正月" (o-shōgatsu), zu feiern, haben uns meine Gast-Großeltern zu sich nach Nara eingeladen.


Zu Essen gab es "御節料理" (o-sechi-ryōri), was wohl traditionell am Tag vor Neujahr (=Silvester) vorbereitet wird und dann für die nächsten drei Tage ausreichen muss.

 

In den vielen kleinen Boxen sind verschiedene Happen aller Art zu finden, unter anderem auch Gerichte, die verborgene Bedeutungen haben.

Hier eine Liste mit meinen Lieblingssymbolen:

①海老 (ebi) - Garnele:


Weil die gekrümmte Form und langen Antennen an eine buckelige alte Person erinnern, steht die Garnele für ein langes, gesundes Leben.

Das zweite Schriftzeichen bedeutet außerdem "hohes Alter".

 

②紅白なます (kouhaku-namasu) - Rettich- und Möhrensalat:


Rot und Weiß stehen nicht nur für Köln, sondern auch für Schutz gegen Unheil und Reinheit von Bösem. Außerdem soll die ausgefranste Form des Salates an traditionelle japanische mizuhiki, dekorative Knoten, erinnern. Ein Beispiel für mizuhiki wäre zum Beispiel  der einfache Drahtknoten auf dem Essstäbchenumschlag oben links in der Ecke.

 

③数の子 (kazunoko) - Heringsrogen:


Die Kanji heißen übersetzt wortwörtlich "zahlreiche Kinder", was will man mehr.

 

④黒豆 (kuromame) - schwarze Bohnen:


Als Adjektiv bedeutet "mame" so viel wie "hart" oder "ehrgeizig", es wird zum Beispiel in der Phrase "hart arbeiten" genutzt.
"mame" als Nomen heißt allerdings "Bohne", weswegen man die schwarzen Bohnen als Glücksbringer für harte Arbeit zu sich nimmt.

 

⑤田作り(tazukuri) - kandierte Sardinen:


Dieses Gericht bedeutet übersetzt "Reisfelder anbauen" und verspricht eine reiche Ernte.

 

⑥伊達巻 (datemaki) - süße Omelette-Rolle:


Weil die Rollenform an ein Diplom erinnert, soll dieses Omelette Glück bei Prüfungen bringen.

 

⑦栗きんとん (kuri-kinton) - Walnuss- und Süßkartoffelstampf:


"kinton" bedeutet goldener Knödel, weswegen einem dieses Gericht finanziell weiterhelfen und Glück bringen soll.

 

⑧昆布巻き(kobumaki) - Seetangrolle:


"konbu" oder "kobu" reimt sich auf das Wort "喜ぶ" (yorokobu), was "sich freuen" bedeutet.
Seetangrolle macht also glücklich...

⑨Außerdem gab es noch in Salz gebratene Seebrasse ohne Augen, auf Japanisch "目出鯛" (medetai), die das ULTIMATIVE Wortspiel darstellt:

 

"めでたい" (medetai) bedeutet auf Japanisch "glücklich". Das "medetai" für das Fischgericht besteht aus den Kanji 目 (Auge), 出 (heraus) und 鯛 (Seebrasse).
Weil die Aussprache genau die gleiche ist wie bei "glücklich", nämlich "medetai", gibt es dieses Gericht mit seiner symbolischen Bedeutung vor allem an Hochzeiten und den Tagen nach Silvester.

 

 

 

 

 

 

 

 

In der linken Box, unterste Zeile mittleres Fach, ist übrigens Orangen- und Quallengellee, eigentlich nicht mal sooo schlimm. くコ:彡 くコ:彡 くコ:彡