Brot und Spiele

Sportfest, Zehntausendmal besser als in Deutschland!

Seit ich hier angekommen bin, musste meine Familie in Deutschland schon zweimal die Uhr umstellen (ich aber nicht, weil in Japan natürlich sogar die Zeit anders läuft) und mir ist gestern aufgefallen, dass ich noch gar nicht wie im Tagebuch versprochen den Rest vom Sportfest niedergeschrieben habe.

Deshalb folgt jetzt nach einer kurzen Einleitung hier der ausführliche Bericht über einen der besten Tage in Japan für mich.

 

 

 

 

 

Besagte kurze Einleitung:

 

Im japanischen Schulalltag ist nicht viel Platz für Ferien, Feiertage oder sogar Kurzstunden. Deshalb werden die wenigen verbleibenden Festivitäten in sehr großem Rahmen - naja, festivitiert halt.


Ein Muss für jede Schule hier sind zwei Feste: Das Schulfest und das Sportfest. 

 

Beide sind darauf ausgelegt den Teamgeist und Zusammenhalt der Schüler zu fördern, was ja wohl viel mehr Sinn ergibt als diese doofen Bundesjugendspiele in Deutschland, wo die Hälfte aller Teilnehmer sich Jahr für Jahr durchquälen muss.

Die Vorbereitungen für das Sportfest - auf Japanisch 体育祭, "taiiku-sai" - begannen  damit, dass eine Person ausgewählt werden sollte, die das Banner malt.

 

Ja, genau: Das Banner. 

 

Und wie schon so oft in Deutschland, wenn die Aufgabenstellung für ein Gruppenprojekt das Wort "Kunst" beinhaltet, haben sich alle 33 Köpfe meiner Klassenkameraden simultan zu mir gedreht, als ob ich die einzige Person wäre, die gerne malt (bin ich nicht).


Danach haben dann alle ihr Talent zum selektiven Hören bewiesen, als ich anmerken wollte, dass ich ja jetzt nicht wirklich Erfahrung habe im Banner- und Slogandesignen.

 

Long story short: Ich habe den Job des Bannermalers bekommen. 

Das Ergebnis (oben) ist auch gar nicht mal so schlecht ausgefallen, finde ich. Wir sind der "internationale Kurs", deswegen die Erdkugel. Und weil ich Irland mag, kann man das jetzt links neben der Hand wiederfinden :D

Der Text bedeutet soviel wie "zusammen, mit aller Kraft".

 

 In den Tagen, in denen ich gemalt habe, hat mir meine Freundin so gut es ging geholfen:

Obwohl sie auch noch zu ihrem Club musste, ist sie davor und danach gekommen, um mitzumachen.

Wir haben teilweise bis sieben Uhr in der Schule gesessen und stundenlang gemalt. Unser Klassenlehrer hat uns einmal sogar als Belohnung ein Getränk ausgegeben.

 

Die ganze Arbeit hat sich auch letzten Endes gelohnt, weil nämlich nichts cooler ist, als auf dem Sportfest mit einer Flagge rumzulaufen.

 

 

Auch die restlichen Vorbereitungen haben Spaß gemacht:

 

Die Schüler konnten sich selbst für die verschiedenen Disziplinen eintragen, bis die Plätze voll waren.

Am Morgen des Festivals haben alle ihre Stühle aus dem Klassenraum nach draußen auf den Sportplatz geholt und in Blöcken, sortiert nach Jahrgang, dann nach Klasse und dann in alphabetischer Reihenfolge aufgestellt. 

 

Außerdem gab es T- Shirts, die je nach Jahrgang entweder rot, grün oder blau waren. Auf dem Rücken steht sogar noch das Jahr (also erstes Jahr der reiwa-Ära) und der Schulname drauf - das perfekte Andenken!

Die Disziplinen waren genau so vielseitig wie anstrengend: Es gab Sprints und Staffelläufe, Dreibeinlauf und Stangenkampf, Seilspringen und Leute-Stapeln.

 

Teilgenommen habe ich an besagtem Seilspringen - "das kann ja nicht so schwer sein!"...

 

Konnte es aber doch, denn das Verhältnis Seil/Menschen war leider 1 zu 22 und da hat mir auch meine bisher gesammelte Erfahrung in Sachen Springseil nicht weitergeholfen.

 

Praktisch sah das Ganze dann folgendermaßen aus:

 

Die zwei Größten und Stärksten aus dem Team schwingen das 20kg schwere Seil. Der Rest gibt in der Mitte sein bestes, in einer Zeitspanne von drei Minuten so wenig wie möglich hinzufallen.

Taktisch kann man sich dabei für eine Formation von einer, zwei oder drei Reihen entscheiden.

 

Letzten Endes bin ich während des Wettkampfes auch nur einmal gestolpert, was verhältnismäßig gut war, glaube ich.

Unser Team hat den zweiten von drei Plätzen belegt und somit konnten wir uns ohne Gesichtsverlust danach wieder dem Anfeuern der anderen Wettkämpfer zuwenden.