Liebes Tagebuch...

...bemerkenswerte Momente!

Hier kommen kleine und große Besonderheiten hin, wenn ich mal keine Lust habe, ein neues Blog- Kapitel zu bauen.

Manchmal schreibe ich mir auch Sachen für später auf, deswegen wird dieser Bereich wahrscheinlich nicht so ganz chronologisch.

Aber mal schauen, wie es läuft.. 

26. März 2019

Die Schule hat noch nicht angefangen, also habe ich im Moment nicht viel zu tun. Außer vielleicht Japanisch lernen, weil ich nämlich immer noch oft an meinem Teil der Konversation scheitere...

Aber naja, ich bin ja auch erst seit zwei Tagen in meiner Gastfamilie. Es fühlt sich aber trotzdem an, als wären die ersten Wochen schon vergangen und sogar mein Alltag hat sich eingependelt. 

Heute war aber ein besonderer Tag, weil meine Gastmutter frei hatte und mit mir und meiner Gastschwester nach Osaka gefahren ist. Schon eine Minute nachdem ich aus der (super sauberen) Bahn gestiegen bin, habe ich DIE Entdeckung des Tages gemacht: Eine Rolltreppe. Aber  natürlich nicht irgendeine Rolltreppe, immerhin ist das hier ja das Land der merkwürdigen Erfindungen. Nein, diese bestimmte Rolltreppe hat in der Mitte eine horizontale Passage, in der sie unter einer anderen Treppe verläuft. nicht nötig zu erklären, wie ich beinahe nach vorne umgekippt bin, als mein rechtes Bein plötzlich nachgab.

Natürlich konnte keiner meiner beiden Begleiter nachvollziehen, was ich jetzt an dieser Treppe so verrückt finde, aber für mich ist sie eindeutig ein Zeichen dafür, dass in Deutschland etwas fehlt!

1. April 2019

Heute wurde der Name der neuen Ära bekanntgegeben: 令和 (Reiwa) wird die Zeitspanne genannt werden, in der der nächste Kaiser herrscht. Reiwa beginnt am 1. Mai, einen Tag nachdem der jetzige Tenno abdankt.

Im Moment herrscht noch 平成 (Heisei) und wenn ich Mathe könnte, wüsste ich auch, welches Jahr dieser Ära wir gerade schreiben - aber ich kann Mathe nicht, also müsste man da mal Google fragen.

Auf jeden Fall wollte ich eine lustige Sache erzählen, aber dafür muss ich kurz die Regeln für die Namensgebung einer Ära erklären...

Der Name muss aus zwei Zeichen bestehen, die sowohl einfach zu lesen, als auch zu schreiben sind. Außerdem dürfen diese Schriftzeichen nicht bereits als Name (also zum Beispiel 田中 (Tanaka)) oder generell als Kombination bestehen.

Und die Wahl läuft natürlich super geheim ab, sodass das Ergebnis auf jeden Fall ausschließlich bei der offiziellen Presseversammlung bekannt gegeben wird.

Das einzige Problem ist nur, dass die Betriebssysteme der Handys diese neue Kombination der Kanji noch nie gesehen haben.

Deswegen kann man "Reiwa" nur Zeichen für Zeichen und nicht als ganzes schreiben.

 

Auf dieses Problem sind auch die Medien aufmerksam geworden, in dieser Nachrichtensendung wurden die Falschen Vorschläge für Kanjikombinationen mit der Lesung "Reiwa" vorgestellt:

18. Mai 2019 

Heute ist Samstag. Und heute ist Schule. Meine Motivation habe ich wohl vor lauter Hektik in der Bahn liegen lassen, als ich eine Station zu weit gefahren bin und innerhalb von 1 Minute und 20 Sekunden ein U um den ganzen Bahnsteig von Mukanoso sprinten musste. In Schuluniform und während der Rushhour wohlgemerkt.

Tatsächlich habe ich dann nur eine Bahn verpasst und gerade noch den letzten Schulbus erwischt. 

Naja, wie man hier so schön sagt: "shoganai", das ist Äquivalent zu "et kütt wie et kütt".

Zum Glück haben wir samstags nur Englisch, das macht mir nämlich Spaß. Und der Grund für diesen Blogeintrag ist auch ein Dialog aus dem Unterricht heute.

 

Die Aufgabe des Tages war es, ein Gespräch zu einer vorgegebenen Situation zu führen und den Partner von seiner Meinung zu überzeugen. In dem Übungsszenario verlangt ein Kind mehr Taschengeld von einem Elternteil und man sollte Argumente wie "Ich brauche Geld für die Schule" oder im Fall der Eltern "Du musst dir dein Geld verdienen" anführen, am Ende der Stunde würde zufällig ein Team zum Vortragen aufgefordert.

 

Und dieses Team bestand aus meiner Freundin und einem weiteren Mädchen, die einen Dialog gebracht haben, den man direkt verfilmen könnte. Das lustige am japanischen Englisch ist, dass das Niveau zwar relativ niedrig ist, die Schüler aber unglaublich komplizierte Vokabeln lernen. Dann kommen manchmal Sätze wie "What do you want Money" "I wanto Money pay health insurance" raus, was echt lustig sein kann. Außerdem haben viele Probleme mit der Aussprache, weil es im Japanischen nur Silben wie "to" und "ma" gibt.

Deswegen hört sich das Englisch vieler Schüler an, wie merkwürdiges Italienisch (z.B.: "I will go to School" wird zu "Ai wiru go tchu scuuru").

Aber natürlich ist es echt bewundernswert, dass Schüler freiwillig in die Klasse gehen, in der Englisch - eine Sprache, die komplett anders als ihre Muttersprache ist - besonders gefördert wird.

 

Ok, auf jeden Fall zurück zum Thema: Der Dialog der beiden Mädchen war von Anfang an eher lustig und lief irgendwann darauf hinaus, dass die Mutter ihre Tochter fragt, ob sie sich den Stoff aus dem Unterricht nicht von Freunden erklären lassen kann.

Auf die höfliche japanische Art winkt diese aber ab "No, because... my friends are not very wise!"

 

Selbst im Schauspiel würde ein echter Japaner seine Freunde nicht beleidigen (^w^)

 

6. Juni 2019

 

Wie verschickt man in Japan Postkarten?

 

 

 

 

 

 

Keine Ahnung. Die Post hat nämlich nur Wochentags von 9:00 bis 17:00 auf. 

Da bin ich noch nicht mal annähernd zu Hause. 

 

Briefmarken kann ich also erstmal vergessen. 

 

Ein Fest wie kein anderes

 

 

Heute hat an meiner Schule das alljährliche "体育大会" ("taiiku taikai") genannte Sportfest stattgefunden, zu dem ich so bald wie möglich hier einen Link einfügen werde.

Das absolute Highlight gehört aber in die Tagebuch- Sektion, damit ich das niemals vergesse.

 

Man muss sich die Situation erstmal so vorstellen: 

Sechs Jahrgänge á 10 Klassen á 35 Schüler sitzen (mehr oder weniger) ordentlich aufgereiht in Blöcken um den Sportplatz, in der Mitte finden nacheinander unterschiedliche Wettkämpfe statt. 

 

Gerade war ein Staffellauf der Mittelschule zu Ende und die drei Teams für den nächsten Wettkampf reihen sich allmählich auf.

 

Sie treten gleich in "華のステージ" ("hana no steeji"), übersetzt in etwa "spektakuläre Bühne", gegeneinander an. 

Dabei muss man mit so vielen Leuten wie möglich auf ein kleines Podest steigen. Wer als erster den Boden berührt, ist raus.

 

Es machen sich also alle bereit, der Startschuss ertönt und die jeweils ersten Personen pro Team (in dieser Runde nur Jungs) steigen aufs Podest.

 

Der des ältesten Teams (der Drittklässler- senpais) mit etwas mehr Tumult als nötig.

 

Er jubelt und gestikuliert in Richtung seines Teams, bringt die Stimmung etwas hoch.

 

An dieser Stelle muss ich noch dazusagen, dass die Drittklässler irgendwie alle im Rugby- Club zu sein scheinen, die werden also ausnahmslos als ultimative Sport- senpai vergöttert.

 

Aber wie gesagt: Der erste Typ steigt auf das Podest, macht eine Show und dann kommt der zweite Junge hochgestiegen. Genauso durchtrainiert wie der erste, aber nicht so laut.

 

Die Mädels in meiner Klasse schreien sich schon die Kehle aus dem Hals und feuern das falsche Team an, (sehr zum Verdruss des beliebtesten Jungen aus meiner Stufe, der auch gerade dazugekommen ist) und jubeln den Partymacher an.

Und dann geschieht das Unglaubliche. Alle Homophoben hier können jetzt das Internet löschen, DENN:

 

Der erste Junge schnappt sich den zweiten, schaut ihm in die Augen und 

 

 

 

und

 

 

 

 

 

 

 

und

 

 

 

...KÜSST IHN!

 

Zwei Sekunden Stille (in denen der Kuss aber nicht unterbrochen wird), dann bricht der komplette Sportplatz in Jubel aus, und zwar nicht nur die Drittklässler.

 

Alle Mädchen, alle Jungs und alle Lehrer, die es sehen konnten (die beiden standen mit dem Rücken zur Lehrertribüne, deswegen hat es nicht jeder bemerkt).

 

Soviel zu diesem Thema hier in Japan.

TROTZDEM KOMMT DAS BESTE ABER NOCH!!!

 

Und zwar wurden am Ende des Tages (nachdem sich alle wieder eingekriegt hatten) jeweils von den Jungen und Mädchen der dritten Klasse traditionelle Japanische Tänze aufgeführt.

Die Mädchen einen Schirmtanz und die Jungs eine Kombination aus Flaggen und Fächern (sehr cool, meine Klassenkameradinnen waren mal wieder auf Wolke 7).

 

Und da waren sie, nebeneinander mit Flaggen.

 

Das. Perfekte. Wortspiel.

 

 

 

Mein flagship!

 

 

 

 

 

 

 

 

Um auch alle Leute hier mit einzubeziehen: 

 

"shippen" ist ein neuartiger Begriff, der im Internet Verwendung findet und wird im Urban Dictionary folgenderweise definiert:

 

Shipping

 

Wenn eine Person eine Beziehung zwischen zwei (fiktiven) Personen unterstützt/ will.

 

Bsp.:

Person 1: Will und Nico wären so süß zusammen

 

 Person 2: Ship?

 Person 1: Ship!

 

Nomen: Ship [mein Ship]

 

Und die beiden sind mein Flagship, also ein Wortspiel mit Flaggschiff und der Tatsache, dass sie einen Flaggentanz gemacht haben.

Irgendwann im Sommer

 

Heute hatten wir Sportunterricht in der Turnhalle. Tatsächlich sind wir jetzt seit letzter Stunde endlich mit einem neuen Thema, nämlich Volleyball, beschäftigt.

Nachdem wir uns am Ende der Stunde aufgestellt und verbeugt haben, durften wir zu guter Letzt (der Lehrer hat 5 Minuten überzogen) in unsere wohlverdiente Mittagspause entfliehen.

 

An der Turnhallentür stand einer der beiden Sportlehrer, die während der Stunde für Recht und Ordnung - und zum Ärgernis des "Cheflehrers" auch ab und zu für kleine und große Lacher - sorgen und hat jedes Mädchen einzeln gefragt, ob es nicht ihre Haarklammern verloren hätte.

 

Als ich dann an die Reihe kam, konnte ich erst nur einen kurzen Blick auf die (offensichtlich die Mühen des jungen Sensei werten) Fundstücke erhaschen: 5 leicht verbogene, schwarz lackierte wirklich stinknormale Bobby Pins!

 

Nach einer kurzen Pause meinte ich scherzhaft, dass diese zwar nicht mir gehörten, ich sie aber gerne nehmen würde.

 

Senseis Augen strahlten plötzlich mehr, als in jedem Anime, den ich je gesehen habe. "Wirklich?! Danke sehr!!!", kam die raketenschnelle Antwort.

Offensichtlich hätte er so lange mit seinen fünf Klämmerchen herumlaufen müssen, bis er deren Eigentümer ausfindig gemacht hätte.